Alle (Blogger)Welt diskutiert dieser Tage über Web 2.0, Mashups, oder die wahre Länge des Long Tail.
Zweifelsohne: Das übergreifende Zusammenwachsen von Internetanwendungen durch Webservices und XML zu einem Informationstechnologischem Ganzen ist hoch spannend und ein über die Grenzen der Netzökonomie hinaus bedeutsames Thema. Darum beschäftigen sich ja auch so viele jetzt damit. In zahlreichen Artikeln und Posts (beispielhaft Ray Ozzies bewusst veröffentlichtes Services Disruption Memo zur strategischen Kurskorrektur Microsofts entsprechend der neuen Gegebenheiten) kann man sich bereits wunderbar über die verschiedensten Aspekte der Entwicklung dieser Phänomene informieren.
Letztlich handelt es bei sich diesen Buzzthemen ihrerseits jedoch meist um einen “Mashup” alt bekannter Effekte und Ideen, aufbereitet auf internettaugliche Art mit einem Schuß Basisdemokratischen Wunschdenkens, wie Nicolas Carr messerscharf hier kommentiert.
Interessant wird es dort, wo es praktisch wird. Zum Beispiel bei Amazons erstaunlichen Mechanical Turk Projekt (auf was für Ideen man so kommen kann, wenn man nach neuen Geschäftsfeldern sucht…). In meinen Augen ein Meilenstein in Sachen Mensch/Maschine Beziehung.
Die Grundüberlegung des weltweiten Sourcing verfolgt übrigens die gleiche Zielsetzung wie alle virtuelle Kooperationsformen, also auch wie eyetag – media engineers network: Eine Minimierung von Transaktions- und somit der Fixkosten bei gemeinschaftlicher Zweckverfolgung, gesteuert über einen zentrale Informationsbroker-Funktion. Bei Amazon funktioniert das eben neuerdings über eine Software, quasi einen “Agenten”.
Zurück zu den Errungenschaften des Web 2.0.
Von besonderem Nutzen scheinen die neuen Terminologien bei der Betrachtung neuer Geschäftsmodelle, bzw. der Disruption der Alten. Ein ganz wesentliches Element des “Long Tails” von Anderson ist die bereits lang bekannte Revolutionierung des Internets der klassischen Vertriebskanäle. Diese scheint nun, gestützt durch tausende Web Communities, hundetausende Fansites und mittlerweile ca. 20 Millionen Blogs langsam aber sicher eine kritische Masse zu erreichen. Eine Masse, die ein wirkliches Gegengewicht zu den Premium Produkten des Mainstreams darzustellen scheint.
The theory of the Long Tail is that our culture and economy is increasingly shifting away from a focus on a relatively small number of “hits” (mainstream products and markets) at the head of the demand curve and toward a huge number of niches in the tail. As the costs of production and distribution fall, especially online, there is now less need to lump products and consumers into one-size-fits-all containers. In an era without the constraints of physical shelf space and other bottlenecks of distribution, narrowly-target goods and services can be as economically attractive as mainstream fare.
One example of this is the theory’s prediction that demand for products not available in traditional bricks and mortar stores is potentially as big as for those that are.
Besonders betroffen sind dadurch “Entertainment and Information Goods”.
Ein altbekannter Effekt, den unter anderem Shapiro und Varian in Information Rules beschreiben: Aufgrund niedrigster Copy-Costs eignen sich diese Waren besonders für individualisierten Massenvertrieb. Dazu kommt, dass kein Einzelhändler, DVD-Verleih oder Broadcaster (möge er noch so viele Kanäle haben), jemals in der Lage sein wird, den gesamten Backcatalog vorzuhalten. Weiter heisst es bei Anderson:
But the same is true for video not available on broadcast TV on any given day, and songs not played on radio. In other words, the potential aggregate size of the many small markets in goods that don’t individually sell well enough for traditional retail and broadcast distribution may rival that of the existing large market in goods that do cross that economic bar.
Vor diesem Hintergrund kann man sich jetzt Gedanken zu Apples Markeintritt in den VoD-Bereich machen. Seit ca 3 Wochen kann man über iTunes auch Bewegtbild-Unterhaltung kaufen. Nach 20 Tagen waren bereits 1 Mio. Videos verkauft. Ob die Inhalteanbieter dies nun länger als Gefahr betrachten, oder eine Chance daraus machen, bleibt abzuwarten. Ich meine, sie werden dem Druck aus dem Markt und der Subsitute aus den Filesharing-Netzwerken auf Dauer kaum standhalten können. Neue Gadgets wie der neue iPod und Home Networks, die die über IP bezogenen onDemand Inhalte schnurstracks auf den Fernseher zaubern, werden die Entwicklung besiegeln.
The iTunes distribution model does give the networks a huge opportunity to reinvent themselves, though. By allowing viewers to purchase individual episodes, broadcast-television executives could free themselves from the yoke of advertising revenue. That could potentially usher in a new age of television, one where fans have the power to keep their favorite series in production and producers have the opportunity to create more elaborate, controversial, and innovative programs. [...]
If iTunes shows us anything, it’s that audiences are willing to purchase their media when it is simple, affordable, and convenient.
schreibt Ivan Askwith in einem Artikel auf Slate.com, in dem er die Gedanken seines MIT (Massachusetts Institute of Technology) Kollegen Jenkins zusammenfasst. Dieser beschreibt, wie zukünftige Erlösquellen sich zu einem Business Modell für Produzenten und Rechteinhaber zusammenfügen könnten. Am Ende seiner Überlegungen holt uns Jenkins jedoch sehr aprupt wieder zurück zu den momentanen Realitäten indem er feststellt: “Oh well – It was a nice dream while it lasted.”