Distribution 2.0
Lange angekündigt, jetzt ist es soweit. Das Windowing beginnt mit Soderberghs “Bubble” zu bröckeln.
Astrid Maier, FTD am 23.01.2006
Revolution im Vertriebskanal
Hollywood-Regisseur Steven Soderbergh bricht mit einem Tabu: Sein Streifen „Bubble“ läuft fast zeitgleich in Kinos, Pay-TV und auf DVD an. Eine Strategie, mit der die Filmstudios eine Menge Krach riskieren.
George Clooney, Julia Roberts, Brad Pitt – in den Filmen des US-Regisseurs Steven Soderbergh ist das Staraufgebot meist imposant. In Soderberghs neuem Streifen „Bubble“ hingegen treten ausschließlich Laienschauspieler auf. Der Medienrummel auf dem Heimatmarkt um „Bubble“, der am 27. Januar in den Kinos der Vereinigten Staaten startet, ist dennoch sagenhaft. Der Grund: Der Regisseur von Blockbustern wie „Ocean’s Eleven“ startet den Film zeitgleich im Kino und Pay-TV – nur vier Tage darauf erscheint die DVD des Streifens.
Das Vertriebs-Experiment des Oscar-Preisträgers Soderbergh trifft die Kinotheater mit enormer Wucht. Es ist das erste Mal in der langen Geschichte Hollywoods, dass ein Film zeitgleich in und außerhalb der Kinos zu sehen sein wird. Ein Spagat, denn die Kinobetreiber wie auch Filmvertriebe suchen gleichermaßen nach Auswegen aus der Krise: 2005 brachte weltweit das schlechteste Einspielergebnis der vergangenen 20 Jahre. Mittlerweile sinkt auch der Verkauf von DVDs. Die „Bubble“-Strategie aber geht zumindest den Kino-Betreibern viel zu weit. So weigern sich die großen US-Kinoketten wie Cinemark Entertainment, den Film in ihr Programm aufzunehmen. Ko-Produzent Mark Cuban hingegen ist überzeugt, nur auf diesem Weg sowohl die Filmpalastliebhaber als auch die Fans von Heimkino zu erreichen – und mit dieser „maximalen Reichweite den maximalen Profit“ herauszuschlagen. Cuban hat „Bubble“ nicht nur produziert, sondern zusammen mit Partner Todd Wagner finanziert. Der Produktionsgesellschaft der beiden Ex-Broadcast.com-Manager, 2929 Entertainment, gehören zudem die Kinokette Landmark und das Kabelnetz HDNet Cable Network, wo „Bubble“ zu sehen sein wird. Die Bündelung der Werbekosten beim Parallelstart „könnte bis zu etwa 30 Prozent des Marketingbudgets sparen“, sagte Cuban der Financial Times Deutschland. Soderbergh selbst setzt auf einen weiteren Effekt: „Jeder namhafte Film der vergangenen vier Jahre war am Tag seines Kinostarts auch auf anderen Formaten zu haben. Man sagt dazu Piraterie“, sagte er dem Magazin „Wired“ kürzlich. „Wir versuchen nur, die Kontrolle darüber zu gewinnen“, so Soderbergh.
Die klassische Reihenfolge – vom Kino über die DVD-Schiene später auch ins Fernsehen – dieses „Grundgesetz“ gerät immer mehr ins Wanken. „Ich denke nicht, dass es ausgeschlossen ist, dass eine DVD in demselben Zeitfenster veröffentlicht werden kann wie der Kinostart“, sagte der Chef des Medienkonzerns Disney, Robert Iger, kürzlich. Derartige Worte galten in der Branche bis dahin als blanke Ketzerei. Der US-Computerhersteller Apple bietet mittlerweile iPods an, die neben Musik auch Videos abspielen, und kooperiert bei dem Angebot mit den Medienkonzernen Disney und NBC Universal. In den amerikanischen Filmstudios wächst die Angst, den Download-Trend im Internet womöglich zu unterschätzen. „Wenn wir uns zurücklehnen und auf alte Technologien verlassen, wird uns der Kunde überholen“, sagte Disney-Chef Iger. Seit Monaten verhandeln die großen US-Medienkonzerne zudem mit Kabelsendern in den USA über ein gemeinsames Programm, bei dem Filme zeitgleich zum Start in der DVD-Version auch im Pay-TV gezeigt werden sollen.
Natürlich wird dadurch nicht von heute auf morgen die gesamte Verwertungskette in Frage gestellt, wie Martin Grove vom Hollywood Reporter weiß (via BoingBoing).
Although the issues posed by Soderbergh’s deal with 2929 are interesting, they don’t have the potential broad impact that there is with the larger question of what the window should be between theatrical and DVD. That’s a matter that needs solving because it has broad application to the entire industry. It’s in Hollywood’s interest to fine tune its DVD release strategies in order to maximize sales at a time when video piracy is a major problem. Exhibitors are likely to see a few more weeks shaved off the existing windows that each DVD distributor presently is using. Expecting exhibitors to roll over and accept the concept of films going into release in all exhibition channels at the same time isn’t realistic and might not be good for Hollywood anyway. Hollywood has proven to be very good at milking each exhibition channel one after the other to achieve maximum return. That same approach should continue to serve the studios well in the future.
Aber die Frage der Zyklen wird mit zur zentralen Komponente der Produktstrategie, sie müssen noch exakter als bisher geplant und auf die komplexe Wettbewerbssituation hin angepasst werden. Und für Independent Produktion oder andere Einzelfälle werden wir solche Sonderaktionen sicher öfter zu sehen bekommen. Eine andere spannende Frage wird auch, was bei europäischen Produzenten und Verleiher so passiert.