das E und S der PEST
Vom Zukunftsinstitut von Matthias Horx der diesjährige “Trend-Report 2006. Soziokulturelle Schlüsseltrends für die Märkte von morgen”. Futter für die nächste PEST-Analyse (Umfeldanalyse nach Politischen, Sozialen, Ökonomischen und Technologischen Faktoren). Oder “…Deutungsplastilin, das sich weiterkneten lässt und mit eigenen Denkfiguren vermengen lässt.”, wie es Peter Felixberger in seinem Beitrag bei changeX nennt.
Klingt irgendwie alles schon ganz gut. Ob ein Jahr für die Entwicklung dieser Phänomene jedoch ausreicht? Immerhin wollen nächstes Jahr die 10 Trends 2007 auch wieder publiziert werden…;-)
Trend 1: Die neue Ehrlichkeit. Nach dem Zusammenbruch der Illusionen um Fortschritt und Wachstum werden wir auf uns selbst zurückgeworfen. Dort entdecken wir persönliche Schattenseiten, Unzulänglichkeiten und Grenzen. Ernüchterung ist Kult. Das Management von Glück und Unglück wird wieder zur persönlichen Angelegenheit und den gesellschaftlichen Machtagenturen entrissen.
Trend 2: Desaster World. Eine medial inszenierte Katastrophenkultur zwingt uns, enger zusammenzurücken. Die Triebfeder: Um uns herum geht die Welt unter, aber wir halten zusammen. Was sich wiederum globale Heilsevents (Papstbegräbnis, Fußball-WM) zunutze machen, indem sie irgendwie glaubhaft machen, dass sie die kollektiven Angstzustände zu lindern vermögen.
Trend 3: Micro Economy. Die Erwerbsarbeit wird radikal individualisiert. In den neuen Nischen liegt der Strand. Arbeit heißt, konkrete Probleme lösen. Eine neue kreative Klasse ist sofort und immer dann zur Stelle, wenn irgendwo Arbeit und Ideen angefordert werden.
Trend 4: Downaging. Das subjektiv empfundene Eigenalter wird immer geringer. 50-Jährige empfinden sich als 40. Und 40-Jährige haben heute fast eine doppelte Lebenserwartung als 1970. Die Idee ist, künftig jung so spät wie möglich zu sterben. Der Aktivitätenindex wird bis ins späte Alter hochgehalten.
Trend 5: Tiger Ladies. Frauen zwischen 40 und 50 brechen auf zu neuen Ufern. Sie entledigen sich alter Rollenbilder und immer häufiger auch ihrer Männer. Sie bedienen sich im Gegenzug aus dem neuen Möglichkeitenkabinett: Jobs, Hobbys, Konsum, jüngere Männer.
Trend 6: Total Gaming. Hochkomplexe Computerspiele erzeugen Paralleluniversen, in denen die Menschen zunehmend eintauchen und verschwinden. In Zweitrealitäten wird man von den eigentlichen Anforderungen abgelenkt. Der Gaming-Markt ist einer der am schnellsten wachsenden Märkte in der Welt.
Trend 7: Opalution. Statt Generationenkrieg kommt es zur großen Verbrüderung zwischen den Generationen. Und zwar aus einem ganz pragmatischen Grund: gegenseitige Hilfe. Die Alten helfen den Jungen bei der Entlastung im Privaten (Kindererziehung), die Jungen bieten den Alten nachhaltige Handlungsfelder.
Trend 8: Der Selfness-Mann. Männer sind Opfer einer kulturellen Umdeutung: vom Ernährer zum Deppen. Der neue Mann entgeht dieser Konfusion durch Fusion – und zwar der Männlichkeit mit Weiblichkeit. Ziel ist das Erwachsenwerden jenseits geschlechtsspezifischer Macht- und Überlegenheitsspiele.
Trend 9: Smart Energy. Das Zeitalter des Öls neigt sich dem Ende zu. Der Markt reagiert mit einem Mix aus neuen und alten Energieträgern. Aus Gas und Biomasse wird Diesel. Wir tanken in Zukunft verstärkt Synfuels. So lange, bis Geowärme, Brennstoffzelle und regenerative Energiequellen das Regiment übernehmen.
Trend 10: Der andere Tod. Er findet nicht mehr in abgedunkelter Abgeschiedenheit statt, sondern wird ans helle Aufmerksamkeitslicht gezerrt. Todes-Soaps, Discount-Bestattung bis hin zum multimedialen Sterben sorgen für mehr Unterhaltungswert. Das Sterben wird in die Selbstverständlichkeit des Lebenslaufes zurückgeholt. Aus Angst vor der Katastrophe sucht man Erleichterung durch Eventinszenierung.